Das Konzept „Emotionale Kompetenz“ wurde von Dr. Claude Steiner, dem Schüler und Mitarbeiter Eric Berne’s und Mitbegründer der Transaktionsanalyse, entwickelt.
Emotionale Kompetenz („Emotional Literacy“) ist eine vordergründig schlicht und einfach erscheinende, dabei hochwirksame und sehr präzise ausgearbeitete Methode, mit deren Hilfe tiefgreifende Transformationsprozesse auf der individuellen und der Beziehungsebene angestoßen werden können. In der Praxis hat sich die Methode in verschiedenartigen Anwendungsfeldern, in denen zwischenmenschliche Beziehungen eine mehr oder weniger zentrale Rolle spielen, bewährt. Dazu gehören Psychotherapie, Beratung, Pädagogik, Paarberatung, Supervision, Coaching und Teamentwicklung.
Wer bereit ist, sich ernsthaft auf die Arbeit mit dem Konzept einzulassen, kann lernen, durch Misstrauen, gegenseitige Verletzungen und manipulatives Verhalten geprägte Beziehungen zu verwandeln in Beziehungen, die von Offenheit, wechselseitiger Wertschätzung, konstruktivem Umgang mit Konflikten und liebevollem Miteinander getragen sind.
Die Herstellung emotionaler Nähe, die ehrliche Begegnung mit dem Gegenüber erfordert Mut und Überwindung, da viele Menschen aufgrund ihrer lebensgeschichtlichen Erfahrungen Ängste davor entwickelt haben. Deshalb wird bei der praktischen Umsetzung unter dem Schutz des sogenannten Kooperativen Vertrags gearbeitet. Dieser dient dem Ziel des Verzichts auf manipulative Machtspiele und der Schaffung einer sicheren Atmosphäre als Voraussetzung für emotional offene Begegnungen.
Innerhalb dieses sicheren Rahmens kann das Grundbedürfnis nach Anerkennung und positiver Zuwendung befriedigt werden (wissenschaftliche Untersuchungen haben einen anhaltenden Mangel an positiver Zuwendung als wesentliches Merkmal unbefriedigender und zerstörerischer Beziehungen im privaten wie beruflichen Umfeld identifiziert). Die eigenen Gefühle und die der anderen können erforscht und verstanden, die intuitive Wahrnehmung geschärft und verbessert werden.
Selbst bei größtmöglichem Bemühen gehört es unausweichlich zu unserer menschlichen Natur, dass wir Fehler machen. Verletzungen, Kränkungen und Misstrauen belasten in der Folge zwischenmenschliche Beziehungen, wenn wir nicht auf angemessene Weise Verantwortung übernehmen, indem wir uns zu Fehlern bekennen, uns dafür entschuldigen und auch ggf. eine ernsthafte Entscheidung für eine Verhaltensänderung treffen. Hier ist meist besondere Achtsamkeit notwendig, da die wenigsten von uns in ihrer Sozialisationsgeschichte würdevolle, einfühlsame und wirklich lösende Formen des sich Entschuldigens kennen gelernt haben. Oft sind die Versuche, begangene Fehler wieder gut zu machen, kontaminiert mit Unterwerfungsgesten und aggressivem/autoaggressivem Verhalten und dadurch unwirksam. Andererseits wurden wir dazu erzogen, Entschuldigungen vorschnell zu akzeptieren mit der Folge, dass wir einen mehr oder weniger großen Rest an Groll und Vorwürfen zurückbehalten und ansammeln. Oder aber die Vergebung wird aus Rachsucht oder zum Zweck der Manipulation des Gegenübers verweigert. Hier bietet die Methode stringente Handlungsleitlinien, um die zahlreich hier lauernden Fallstricke zu umgehen. Gelingende Wiedergutmachung kann dann zu einer der bewegendsten zwischenmenschlichen Erfahrungen werden.